Bewertung: Air Canada Economy Frankfurt – Vancouver im Boeing 787 Dreamliner

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Durch die großzügigen Fare Rules eines Flugschnäppchens von Hamburg nach San Diego konnte ich im Juni 2017 einen kleinen Wochenendtrip nach Vancouver, San Diego und New York realisieren. Durch die bessere Meilengutschrift als bei Lufthansa und attraktivere Flugzeiten auf der Strecke Frankfurt – Vancouver, wählte ich bewusst den 10 Stunden langen Flug mit Air Canada. Während der Reise habe ich ein paar Eindrücke des Economy-Fluges festgehalten, die ich euch nachfolgend präsentieren möchte.

Zuerst ein paar Fakten zu Flug und Fluggerät:

  • Flug: Air Canada Flug AC841 von Frankfurt nach Vancouver
  • Sitzplatz: 36G
  • Abflug: 9. Juni 2017 10:00 Uhr
  • Ankunft: 9. Juni 2017 10:55 Uhr
  • Fluggerät: Boeing 787-8 C-GHPY
  • Flugdauer: 9h 55m
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Lounge & Boarding

Da dem Air Canada Flug ein Lufthansa-Zubringer vorausging, kann ich über den Check-In von Air Canada keine Aussagen treffen. Als Frequent Traveller der Lufthansa blieb mir zudem der Zutritt in die Frankfurter Maple Leaf Lounge verwehrt, immerhin konnte aber die Lufthansa Business Lounge direkt am Gate B42 genutzt werden.

Da wohl in den nächsten Stunden kein Lufthansa-Flug nahe der Lounges abging, waren kaum andere Kunden in der Lounge. Vermutlich aus aus diesem Grund war die Essens-Auswahl sehr ernüchternd und beschränkte sich auf etwas Obst. Die vom Mitarbeiter gereichten Käse-Brezeln konnten das aber ausmerzen und im Flugzeug sollte es kurz darauf ja sowieso wieder etwas zu Essen geben.

Der erste Kontakt mit dem Personal von Air Canada erfolgte bereits am Boden. Vor dem Boarding war es notwendig, die Passdaten am Schalter überprüfen zu lassen. Dieser Vorgang lief deutlich unkomplizierter ab als bei Reisen in die USA, eine der Flugbegleiterinnen von Air Canada musste nur den Namen abgleichen, die Bordkarte abstempeln und das in ihrer Liste notieren.

Das war schnell erledigt und kurz darauf begann pünktlich das Boarding. Zu diesem Zweck wurden alle Nutzer basierend auf Buchungsklasse und Status in Boarding-Gruppen eingeteilt. Der Flug war nicht sonderlich gut gebucht, sodass nur drei von maximal 5 Boardinggruppen genutzt wurden und ich nach wenigen Minuten im Flieger war.

Kabine & Komfort

Über die Website von Air Canada war es bis kurz vor Abflug möglich, die Belegung des Fliegers einzusehen. Während der vordere Teil der Economy gut gefüllt war, blieben in der zweiten Kabinenhälfte mehr als die Hälfte der Sitzplätze unbelegt. Somit hatte ich das Glück, eine komplette Dreierreihe für mich alleine in Anspruch nehmen zu können.

Leider setzt Air Canada wie viele Betreiber des Dreamliners auf eine 3-3-3-Bestuhlung. Bei voll ausgebuchten Fliegern wäre die Bezeichnung „Holzklasse“ hier definitiv zutreffend und es wird arg kuschelig. Nicht nur die Sitze sind sehr eng, der Gang ist auch noch so schmal, dass ich auf dem Gangplatz regelmäßig von anderen Fluggästen oder den Flugbegleitern angerempelt wurde.

air canada beinfreiheit
Beinfreiheit

Die Rückenlehne ist leider kaum gepolstert, dementsprechend unbequem fühlt sie sich nach einigen Stunden des Sitzens auch an. Der Sitzabstand ist gerade noch so ok. Ich bin mit 1,98 recht groß gebaut, zwischen Knie und Vordersitz verblieb immerhin ein knapp 1 cm breiter Luftpuffer.

Sobald man die Rückenlehne ein paar Zentimeter nach hinten stellt, kommt es unausweichlich zum Kniekontakt. Interessant in diesem Zusammenhang: Wer die Lehne verstellt, beschneidet die Beinfreiheit des Hintermanns nur unwesentlich – dafür wird die eigene Sitzfläche ordentlich nach vorne geschoben. Immerhin: Es gibt keine sperrigen IFE-Boxen unter dem Sitz, sodass der Fußraum ausreichend dimensioniert ist.

Die Crew reichte kostenlose In-Ear-Kopfhörer (dank üblichem Klinkenstecker auch am Smartphone nutzbar), welche nicht wieder eingesammelt werden. Auch auf dem Tagesflug wurde jeder Sitzplatz mit einem kleinen Kopfkissen und einer dünnen Stoffdecke ausgestattet. Wer schlafen möchte, kann die Kopfstütze jeweils an der Seite nach vorne klappen oder er macht sich einfach die niedrige Auslastung zu Nutze.

Durch das Hochklappen aller mittigen Armlehnen konnte ich meine Sitzreihe in ein knapp 1,50m langes Bett verwandeln. Dieses ist zwar weit vom Business-Class-Standard entfernt, ich konnte aber dennoch fast die halbe Flugzeit verschlafen und so ausgeruht den Tagesausflug in Vancouver antreten. Selbst bei einem Flug in der Premium Economy wäre das in dieser Form wohl nicht möglich gewesen.

Essen & Service

Positiv überrascht wurde ich vom Bordservice. Dies fing schon damit an, dass Informationen über das Verpflegungsangebot direkt über den persönlichen Bildschirm abrufbar sind. So entfallen die (oft unzureichend beantworteten) Fragen bezüglich der Beilagen zur Hauptspeise.

Auch die komplette Getränkekarte ist über das IFE abrufbar. Diese beinhaltet die üblichen Softdrinks wie Cola und Limonade und Ginger Ale, Tonic Water und Club Soda von Canady Dry. Auch alkoholische Getränke sind im Preis inbegriffen, z.B. Rotwein aus der Dose.

Gut eine Stunde nach dem Takeoff folgte dann die obligatorische Frage nach „Chicken oder Pasta“. Durch die digitale Menükarte entschied ich mich bereits vorab für das Hühnchen, welches wie folgt serviert wurde:

Das Essen wurde ordentlich angerichtet und schmeckte sehr gut. Das Hühnchen war nicht übergart und harmonierte gut mit der Pesto-Sauce. Sogar der Kartoffelbrei schmeckte nicht nur nach Wasser, sondern tatsächlich nach Kartoffel – eine Seltenheit.

Auch der Karottensalat wusste zu überzeugen, nur das trockene Brötchen (mit Butter, ohne Käse o.ä.) sorgte minimal für Ernüchterung. Zusätzlich gab es noch einen leckeren, großen soft-baked Cookie sowie eine kleine Wasserflasche.

Trotz der Wasserflasche zum Essen folgte direkt nach Verteilung der Speisen die erste vollständige Getränkerunde mit der oben beschriebenen Auswahl. Wiederum etwas später gingen die Mitarbeiter schon mit zwei großen Wasserflaschen (mit / ohne Sprudel) durch die Gänge und füllten bei Bedarf die Becher auf.

Im Flugzeug soll man bekanntlich viel Flüssigkeit zu sich nehmen und Air Canada scheint dies wirklich zu beherzigen. Alleine während der fünfstündigen Wachphase zählte ich insgesamt vier komplette Getränkerunden und drei weitere mit Wasser.

Nach etwa der halben Flugzeit verteilte die Crew einen kleinen Beutel Mini-Brezeln und einen großen Becher mit schön sahniger Vanille-Eiscreme. Kurz vor der Landung startete man dann eine dritte, diesmal wieder herzhafte Verpflegungsrunde. Es konnte zwischen einem warmen Chicken Fajita Wrap oder einer vegetarischen Alternative gewählt werden.

Noch ein paar Worte zum Service: Die Crew war etwas älter, stets freundlich und professionell. Zudem waren auch deutschsprachige Mitarbeiter an Bord und merkten sich nach erstmaligem Kontakt sofort die bevorzugte Sprache. Insgesamt schafften sie eine sehr angenehme Atmosphäre ohne jeglichen Grund zum Tadeln.

In Flight Entertainment

Air Canada IFE Menü

Den ersten Dreamliner hat Air Canada im Jahr 2015 in seiner Flotte begrüßt, sodass die komplette Ausstattung maximal zwei Jahre alt ist. Das trifft auch auf das In Flight Entertainment System von Panasonic zu, über welches hauptsächlich mit dem neun Zoll großen Touchscreen interagiert wird. Die Reaktion ist zwar ein bisschen, dennoch konnte das System vollends überzeugen.

Der Bildschirm ist hochauflösend, gibt Farben kräftig wieder und liegt so in etwa gleichauf mit den neueren Lufthansa-Systemen. Besonders punkten kann Air Canada aber mit der darauf installierten Software.

Diese liefert verschiedene Funktionen wie die Moving Map mit, das aus meiner Sicht wichtigste Feature. Der Passagier ist diesbezüglich keiner willkürlichen Ansichts-Rotation ausgesetzt, sondern kann die Perspektive selbst konfigurieren. Zoom und Schwenken der Kamera sind frei möglich, zusätzlich kann zwischen Darstellungsmodi wie „Total Route“, „Overhead“, „Compass“ etc. gewählt werden. Zu vielen Städten können darüber hinaus Fakten zu Einwohnerzahl, Höhe und Entfernung eingeblendet werden.

Was die Auswahl an Filmen und Serien angeht, wurden hunderte Stunden Videomaterial geladen. Die Auswahl ist insgesamt ziemlich gut, es gibt einige neuere Filme sowie deutschsprachige und sogar deutsche Produktionen. Welche Filme genau auf einem zukünftigen Flug verfügbar sind, kann direkt auf der Website von Air Canada geprüft werden – langweilig sollte einem jedenfalls nicht werden.

Dazu können auch interaktive Spiele beitragen. Zur Auswahl stehen unter anderem ein Hidden Object Spiel, Bejeweled 2, Sudoku sowie verschiedene Reisespiele. Besonders gefallen hat mir das Spiel „Geospot“. Hier geht es darum, den Standort von dargestellten Sehenswürdigkeiten zu erraten und möglichst genau auf der Karte zu markieren. Noch spaßiger wäre das ganze sicher im Multiplayer. Da ich alleine unterwegs war, fand sich aber kein weiterer Mitspieler in der Lobby ein.

Weitere Funktionen des IFE umfassen einen digitalen Duty-Free-Katalog, eine Ecke für Kinder und Fakten über Air Canada. Es kann Hintergrundmusik abgespielt werden und der Nutzer wird per Benachrichtigung (Icon links unten) über verschiedene Ereignisse informiert. Eine Chat-Funktion gibt es nicht bzw. nur innerhalb der Multiplayer-Spiele.

Air Canada Fernbedienung Armlehne

Mein einziger großer Kritikpunkt am Entertainment System ist die in den Armlehnen integrierte Fernbedienung. Diese ist meiner Meinung nach nicht nur völlig nutzlos, sondern sorgt dafür, dass ständig aus Versehen Licht ausgeschaltet oder gar ein Flugbegleiter zum Platz gerufen wird. Sämtliche Funktionen der Fernbedienung können auch über den Touchscreen aufgerufen werden, sodass man wohl besser ganz auf sie verzichtet hätte.

Extras

Auf jeweils drei Sitzplätze in der Economy kommen drei Steckdosen. die Verwendung europäischer Ladegeräte ist ohne Adapter möglich. Smartphone, Tablet und Co können alternativ auch über den USB-Anschluss an jedem Platz geladen werden, allerdings mit (wie üblich) sehr niedriger Ladegeschwindigkeit. WLAN steht nicht zur Verfügung.

Auch analoge Unterhaltung befindet sich an Bord. „enRoute“ ist ein typisches Bordmagazin mit mehr Werbung als Inhalten, taugt aber zum schnellen Durchblättern. Viel interessanter ist das kleine Buch namens „Navi“.

Dabei handelt es sich um eine Zusammenfassung sämtlicher Informationen, welche für die Reiseplanung nützlich sein können. Es enthält Seat Maps und Fakten der kompletten Air Canada Flotten (inkl. Rouge und Jazz) sowie Terminal-Karten der kanadischen Flughäfen. Diese Karten sind schön übersichtlich gestaltet, vor allem aber extrem hilfreich. Es wird genau erklärt, bei welcher Flugkonstellation welche Sicherheitskontrollen durchlaufen werden müssen, wo sich Lounges befinden und so weiter.

Mein persönliches Highlight: Der komplette Air Canada Flugplan mitsamt Weltkarte in Papierform. Ich habe sicher eine halbe Stunde damit verbracht, das Routennetz von Air Canada zu durchstöbern, welches auch interessante Strecken wie St. John’s – London mit Airbus A319 beinhaltet. Das Heft liegt nicht nur in Flugzeugen aus, sondern kann unter diesem Link auch online eingesehen werden.

Mittlerweile ist Air Canada dabei, das Konzept „Navi“ etwas zu überarbeiten. Ab Ende Oktober sollen nur noch fünf Exemplare pro Flugzeug geladen werden, weitere Hefte liegen dann in den Lounges aus.

Zudem hat der Flieger noch ein paar Dreamliner-typische Features zu bieten. Zu nennen wären beispielsweise die sehr großen, elektronisch dimmbaren Fenster. Einige Personen stören sich daran, dass das Fenster nie komplett dunkel wird und bei sonst dunkler Kabine stark reflektiert. Da es sich um einen Tagesflug handelte und ich in der Mitte des Flugzeuges saß, kann ich dazu wenig sagen. Ich tendiere aber dazu, das ganze eher vorteilhaft zu sehen, da so auch in der Nacht eine Sicht nach außen möglich ist. Das „Klo with a view“ war ebenfalls interessant.

Im Vergleich zu älteren Jets fällt der geringe Geräuschpegel innerhalb des Flugzeuges auf. Auch ist der Innenraum durch die in der Decke versenkten Gepäckfächer sehr geräumig. Von der angeblich besonders sauberen und feuchten Luft konnte ich nichts bemerken, andere Vielflieger mögen da aber empfindlicher drauf reagieren.

Air Canada Economy Class Boeing 787
  • Check-In & Boarding
  • Kabine & Komfort
  • Essen & Service
  • In Flight Entertainment
  • Extras
3.84
Fazit

Air Canada macht in vielen Disziplinen alles richtig. Das Essen ist schmackhaft, das Personal super freundlich und auch für das Unterhaltungssystem vergebe ich volle Punktzahl. Das Flugzeug ist sehr modern ausgestattet und aus Sicht des Aviation Geeks gibt es für das „Navi“-Magazin einen dicken Pluspunkt. Dennoch muss auch Kritik geäußert werden. Die Slimline Sitze sind alles andere als komfortabel und wer nicht sowieso regelmäßig durch das Flugzeug spaziert, wird nach ein paar Stunden durch beginnende Rückenschmerzen daran erinnert. In Anbetracht der freien Nebensitze als Ursache für eine recht bequeme Schlafmöglichkeit wäre das konkrete Erlebnis mit mindestens 4/5 Punkten zu beurteilen. Ich möchte jedoch auch das Economy-Hartprodukt im Dreamliner und nicht nur die Auslastung beurteilen. Für solch dünne Sitze + schmale Gänge kann es daher keine hohe Punktzahl geben. Der allgemeine Sparzwang in der Luftfahrt macht sich allerdings auch bei der Konkurrenz bemerkbar, sodass Air Canada damit nicht alleine dasteht. Ich würde den Flug daher jederzeit wieder buchen, eine leere Kabine ist aber definitiv angenehmer. Der Landung in Vancouver erfolgte übrigens mehr als eine halbe Stunde vor geplanter Ankunft. Da die Immigration in zwei Minuten erledigt war, saß ich zur geplanten Ankunftszeit schon im SkyTrain Richtung Innenstadt.

Die Business Class im Air Canada Dreamliner

Wer einen Blick in den vorderen Teil der Kabine werfen möchte, findet hier eine Bewertung der Air Canada Business Class von Johannes. Ebenfalls im Boeing 787-8 und -9 Dreamliner:

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Kommentar (1)

  1. Maximilian sagt:

    Der sog. „Dreamliner“ war vom Hersteller für 8 Sitze abreast in der Economy gedacht und wird nun von den Airlines mit 9-er Reihen bestückt. Damit mutiert er auf Langstrecken zum „Nightmare-Liner“ und ist eines der unkomfortablesten Flugzeuge überhaupt. Wenn dann noch – offenbar im Unterschied zu AC – die IFE-Boxen unter vielen Sitzen montiert sind (bei QR z.B. sind 2/3 aller Sitze betroffen), dann wird es unzumutbar.

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