Bewertung: United Airlines POLARIS Business Class in der Boeing 767

United Polaris Business Class

Das amerikanische Star-Alliance-Mitglied United Airlines sticht mit seinen 3 Skytrax-Sternen im internationalen Vergleich nicht gerade als besonders hochwertige Airline hervor. Doch die 2016 eingeführte Polaris Business Class setzt neue Maßstäbe – zumindest auf dem US-Markt. Unser Redakteur Adrian hat das Bordprodukt auf einem Flug in der Boeing 767 von Chicago nach Brüssel für euch getestet. Was die neue Reiseklasse so besonders macht:

Der Trend bei Business-Produkten geht zu mehr Privatsphäre, Gangzugang von jedem Platz aus und der Möglichkeit, bereits vor Abflug ein umfassendes Loungeerlebnis mit À-la-carte-Dining zu erhalten. Was bei einigen Golf- und Fernostairlines schon seit Jahren üblich ist, schien auf dem US-Markt in weiter Ferne. Der Schritt von United Airlines ist daher radikal: Bislang setzte die Airline in der Business Class teilweise auf eine geradezu unkomfortable 2-4-2-Bestuhlung ohne jegliche Privatsphäre. Zudem gab es eine „Global First Class“ – selbst diese reichte meiner Meinung nach qualitativ nicht an die neue Polaris-Klasse heran

Check-In

Da ich kein Gepäck aufzugeben hatte, nutze ich die United-App um mich einzuchecken. Die App ist nativ und bietet mehr Funktionen als jede andere Airline-App, die ich kenne. Unter anderem könnt ihr euch in Echtzeit Umläufe, Verspätungen, Flugzeug-Standort, Seatmaps, Upradelisten, Standby-Listen und somit gewissermaßen die Auslastung ansehen – und zwar nicht nur für euren eigenen Flug! Der Check-In verlief bei mir reibungslos. Das einzige, was etwas nervig ist, dass man seinen Reisepass mit der Kamera scannen muss und nicht einfach die Daten eingeben kann.

Wer Gepäck hat und/oder am Schalter einchecken will, für den stehen gesonderte Polaris/1K-Schalter in Chicago bereit. Sie befinden sich im Terminal 1 nach dem Betreten ganz links, unmittelbar neben dem Zugang zur TSA-Precheck-Kontrollstelle. Hier sollte es kaum zu einer Wartezeit kommen.

Lounge

Mitunter das Beste am Fliegen in der Polaris-Business-Class sind die neu errichteten Polaris-Lounges. Diese gibt es derzeit in Houston, San Francisco, New York/Newark, Chicago und Los Angeles. Sie bieten deutlich mehr als die unterdurchschnittlichen United Clubs: Ihr dürft euch über eine umfassende Sitzlandschaft, Schlafkabinen, Duschen, ein hochwertiges Buffet und – das ist das Highlight – ein Restaurant mit Bedienung am Platz freuen. Hier ein paar Impressionen:

Eine umfassende Bewertung einer Polaris-Lounge (Houston IAH) findet ihr hier:

Boarding

Das Boarding ist bei United in Gruppen (1-5) gegliedert, die einzeln aufgerufen werden. Als Polaris-Gast dürft ihr selbstverständlich mit Gruppe 1 boarden. Trotzdem seid ihr nicht die Ersten, die das Flugzeug betreten dürfen. Zuvor findet nämlich das Preboarding statt: Hier dürfen Militärangehörige, Mobilitätseingeschränke Personen, Familien mit kleinen Kindern sowie Kunden mit Global Services und 1K-Vielfliegerstatus einsteigen.

Kabine & Komfort

Die Polaris Business Class sticht durch ein außergewöhnlich hohes Maß an Privatsphäre und durch direkten Gangzugang von jedem Platz hervor. In der Boeing 767 handelt es sich um eine 1-1-1-Bestuhlung, wobei jeder zweite Sitz etwas angeschrägt ist. Jeder Sessel bietet eine umfassende Verschalung, so dass ein hohes Maß an Privatsphäre gewährleistet wird. Hierbei gibt es allerdings krasse Qualitätsunterschiede: Sitze wie 4A oder 2L ragen direkt in den Gang und sind daher nicht empfehlenswert. Die besten Plätze sind sicherlich die am Fenster, die wirklich gut abgeschottet sind, wie mein Platz: 5A.

United 768 Seat Map
Die Seat Map der Boeing 767

Neben dem großen, ausziehbaren Esstisch (der auch mit einer hochklappbaren Tablethalterung ausgestattet ist) verfügt jeder Platz auch noch über einen Cocktailtisch an der Seite. An diesem befindet sich eine kleine Lampe, die für eine überaus gemütliche Atmosphäre sorgt. Zudem befindet sich an diesem Cocktailtisch eine schnurgebundene Fernbedigung für das Entertainmentsystem, ein internationaler- und USB-Stromstecker, der Kopfhöreranschluss sowie ein kleines Schränkchen: Öffnet ihr dieses, kommen darin der Kopfhörer und ein Spiegel zum Vorschein. In dem Nachtkästchen lassen sich während des Fluges wunderbar Kleinigkeiten verstauen. An der zum Sessel gewandten Seite des Schränkchens befindet sich eine kleine Leseleuchte. Zudem habt ihr die Möglichkeit, die normale „Deckenleseleuchte“ einzuschalten.

Eine weitere kleine Staufläche findet ihr direkt vor euch – unterhalb des Entertainmentsystems. Das längliche Fach ist vermutlich dafür gemacht, Laptops oder Tablets zu verstauen. Zudem befindet sich dort ein weiterer USB-Anschluss und ein Kleiderhaken. Der Fußraum ist zweigeteilt: Unterhalb der (beleuchteten!) Ablagefläche für eure Füße könnt ihr zum Beispiel eure Schuhe verstauen.

Nach dem Boarding findet ihr auf der Sitzfläche folgendes vor: Eine leichte Decke, das Amenity Kit, die Speisekarte, eine Matratzenauflage und zwei Kissen (ein großes Schlafkissen und ein kleineres recht festes – vermutlich als Nackenstütze). Die Matratzenauflage habe ich übrigens nicht genutzt, weil sie meiner Meinung nach etwas zu stark wärmt. Den Sitz könnt ihr natürlich per Knopfduck verstellen und auch in ein vollständig flaches Bett verwandeln. Es fühlt sich schon fast witzig an, den Drehknopf zu bedienen und damit die Sitzposition zu verändern. Darüber hinaus könnt ihr einzelne Flächen/Teile des Sitzes individuell justieren, wovon ich allerdings keinen Gebrauch gemacht habe.

Der Sitz ist übrigens ca. 58 cm breit und das Bett weist eine Länge von ca. 1,98m auf. Die Waschräume waren klein, wurden aber vom Personal gut in Schuss gehalten. Neben Seife stehen euch Lotionen von Cowshed zur Verfügung.

United Polaris Bewertung Lie Flat Bett
Der Sessel in Liegeposition

Amenity Kit

In dem Schicken schwarzen Täschchen findet ihr folgendes: Socken (Einheitsgröße), Schlafmaske mit Polaris-Aufdruck, Zahnbürste, Mini-Zahnpasta von Colgate, Gesichtstücher, einen Kugelschreiber sowie ein Pflege-Set der Marke Cowshed mit Hand- und Lippenbalsam.

Entertainment & WLAN

Der hochauflösende Inflight-Entertainment-Bildschirm (IFE) ist mit seinen 16 Zoll recht groß. Es handelt sich um einen Touchscreen – wer sich jedoch nicht nach vorne beugen möchte, kann auch die schnurgebundene Fernbedienung verwenden. Ihr habt Zugriff auf eine umfassende Auswahl an Filmen und Serien sowie auf die Airshow. Außenkameras gibt es leider nicht. Natürlich stehend auch geräuschreduzierende Kopfhörer bereit, die einen guten Tragekomfort gewährleisten. Leider ist die Noise-Cancelling-Funktionalität nicht besonders gut und kaum mit z. B. Bose QuietComfort zu vergleichen. Die Kopfhörer werden mit einem „Flugzeug-Doppelstecker“ eingeschlossen, wobei sich in die IFE-Kopfhörerbuchse auch Geräte mit „einfachen“ Klinkenstecker einstecken lassen.

United bietet auf seinen Langstreckenflügen sehr zuverlässiges und sogar verhältnismäßig schnelles WLAN an. Zum Streamen von Netflixvideos oder YouTube ist es jedoch trotzdem nicht geeignet. Die Preise:

  • 4,99$ für 1 Stunde
  • 8,99$ für 2 Stunden
  • 21,99$ für den gesamten Flug

WLAN-Pakete wie iPass/Airlinecheckins lassen sich leider nicht nutzen, allerdings habt ihr die Möglichkeit, das WLAN mit United MileagePlus-Meilen zu bezahlen oder ein teures Jahresabo zu buchen.

Service & Verpflegung

Der Service beginnt bereits kurz nach dem Einsteigen: Ihr erhaltet einen Welcome-Drink nach Wahl in einem richtigen Glas an den Platz gebracht. Auf dem Tablett hatte die Flugbegleiterin Schaumwein, Orangensaft und Wasser, wobei ihr anscheinend auch andere Getränke auf Anfrage erhalten könnt. Gleichzeitig nehmen die Flugbegleiter bereits eure Bestellung für die Hauptmahlzeit entgegen. Kurz nach dem Start werden dann Hot Towels ausgeteilt, später gibt es warme Nüsse (Mandeln, Erd- und Macadamianüsse).

Etwa 1,5 Stunden nach dem Start – etwas spät für einen Nachtflug, wie ich finde – wurde dann mit dem Speiseservice begonnen. Bei der Vorspeise hatten wir die Wahl zwischen einer Zitronengraß-Shrimp-Kreation oder einem Mesclun-Salat. Die Vorspeise wurde von einem Kabinentrolley gebracht und auf einem Tablett gereicht, auf dem sich bereits das Besteck, Salz und Pfeffer und Butter befanden. Diese vorgehensweise erinnert mehr an Reisen in der Economy Class! In qualitativ hochwertigen Reiseklassen sollte wie in einem Restaurant serviert werden. Ich entschied mich bei der Vorspeise für die Zitronengras-Shrip-Kombination, die geschmacklich ok war – aber eben auch nicht herausragend. Die Flugbegleiter gingen während des Vorspeisen-Service mehrfach durch den Gang und verteilten verschiedene Brotsorten.

Beim Hauptgang gab es eine recht große Auswahl an warmen Speisen:

  • Getrocknete Rinderrippe mit Reis, Karotten und Zuckerschoten
  • Thai-Hühnchen mit Kokosnuss-Ingwer-Soße und Udonnudeln
  • Lachsfilet mit Grünteenudeln, Senfkohl, Karotten und japanischem Rettich
  • Cacio e Pepe Ravioli mit Parmesansoße, gerösteten Tomaten und Spinat

Ich entschied mich für das Lachsfilet und war selten enttäuscht: Das Essen war weder zierlich angerichtet, noch schmeckte es. Da hab ich selbst in der Economy Class schon deutlich schmackhaftere Speisen verzehren dürfen. Kann natürlich sein, dass ich mit meiner Wahl Pech hatte.

Wirklich gut gefallen hat mir hingegen der Dessert-Service. Das Bordpersonal fährt dazu mit einem zierlichen Dessertwagen durch die Kabine. Ihr könnt zum Beispiel eine Käseauswahl oder verschiedene Kuchen erhalten oder ihr nutzt wie ich den außergewöhnlichen Eis-Service: Ihr erhaltet eine Kugel Milcheis und könnt selbst festlegen, welche und wie viel Toppings ihr haben wollt: Schoko, Karamell- oder Erdbeersoße (schmeckt wie bei McDonald’s), Sahne, Erdbeeren, Kirschen und/ oder Schokostücke. Wirklich sehr lecker!

Wer schnell ins Bett möchte, für den bietet United auch an, alle Gänge auf nur einem Tablett und sofort serviert zu bekommen. Tolle Idee – allerdings sollte dann auch der Service an sich schon etwas früher starten. Da ich vom Abendessen nicht sonderbar (mit Ausnahme des Desserts) angetan war, habe ich beschlossen, das Frühstück ausfallen zu lassen und dafür weiter zu schlafen. Zur Wahl hätte es Omelette oder einen Fruchtmix gegeben.

Die Getränkeauswahl war recht umfassend:

  • Champagner
  • Chardonnay Wente Vineyards (USA)
  • Riesling Charles & Charles (USA)
  • Merlot Colby Red Blend (USA)
  • Pinot Noir Chehalem (USA)
  • Kaffee, Tee
  • Miller Lite Bier
  • Stella Artois Bier
  • Breckenrdige Hop Peak Bier
  • Goose Island 321 Urban Wheat Ale Bier
  • Buffalos Trace Bourbon
  • Bombay Sapphire Gin
  • Barcadi
  • Dewar’s White Label Scotch
  • Glenfarclas Scotch
  • Wheatley Craft Distilled Vodka
  • Jack Daniel’s
  • Bailey’s Irish Cream
  • Disaronno Amaretto
  • Coca-Cola, Sprite, Diet Coke, Coke Zero
  • Tomaten-, Orangen- und Apfelsaft
  • Cranberry-Apfelsaft-Cocktail
  • Bloody Marry
  • Wasser mit und ohne Kohlensäure
  • Ginger Ale, Seitzer Water, Tonic Water

Nach dem Speiseservice wurden noch Wasserflaschen verteilt. Über den Service kann ich im großen und ganzen nicht meckern. Die für mich zuständige – bereits etwas ältere – Flugbegleiterin war nicht unfreundlich, machte subjektiv aber auch nicht gerade den Eindruck, dass sie Lust auf ihre Arbeit hat.

United Boeing 767 Polaris Business Class
  • Check-in & Boarding
  • Lounge
  • Komfort & Kabine
  • Essen
  • Service
  • Entertainment & WLAN
  • Extras
4.07
Fazit

Die neue Polaris Business Class setzt auf dem US- und Transatlantik-Markt tatsächlich neue Maßstäbe, zumindest was den Sitz angeht. Bei Platz, Privatsphäre und Komfort kann kaum eine europäische Airline mithalten. Was Service und Verpflegung an Bord angeht, ist aber sicherlich noch Luft nach oben. Die neuen Polaris-Lounges sind jedoch der Oberhammer!

Titelbild: © United Airlines

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Kommentare (5)

  1. derreisende sagt:

    Ich finds super, dass wenn man ein Wort wie „zierlich“ gut findet, das auch in völlig neuen Zusammenhängen unterbringt (wie „zierlich anrichten“) xD

  2. Malte sagt:

    Bin die Strecke MUC – SFO hin mit United Polaris geflogen, zurück mit LH BC. Das ist schon ein riesiger Unterschied pro United. Sehr ruhige und private Sitzplatzsituation, wo man bei LH noch über seinen Nebenmann/-Frau klettern muss. Die amerikanische Freundlichkeit ist bei United riesig (wenn man die US Art mag), bei LH waren mal wieder junge zickige Stewardessen im Einsatz! Deutliches Plus United ggü LH im direkten Vergleich Polaris vs LH Business Class

  3. Andy sagt:

    Man kann den Reisepass im mileage plus account speichern…dann musst du nichts mehr fotografieren

  4. Martin sagt:

    Wenn man Pech hat, sitzt man aber in einer 767 mit der alten 2-1-2 Bestuhlung und diese Ausstattung ist antiquiert und nicht das Geld wert.

  5. Reiner Kesternich sagt:

    Ein wenig nachteilig ist der Platz für die Beine bei den Plätzen, die komplett am Fenster sind. Wer wie ich gern auf der Seite liegt, kann die Beine kaum anwinkeln. Ansonsten top, leider geht damit aber auch eine Abwertung der Economy einher. Bei den Boeing 777 Modellen wird mit dem Umbau eine Premium Economy („Premium Plus“) eingebaut und die Standard-Eco wird auf 10 Sitze pro Reihe verengt. Vorher waren es neun Sitze, das war noch einigermaßen bequem, jetzt wird es zur Katastrophe.
    Die Polaris-Lounges sind tatsächlich top, war in Chicago und Houston schon zu Gast. Die in Chicago scheint nochmal etwas besser zu sein, quasi eine Art Vorzeige-Objekt…

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