Erfahrungsbericht: WeClaim für Erstattung von Steuern & Gebühren + beschädigtem Koffer

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Travel-Dealz Redakteur Dennis hat im Januar 2019 den Anbieter WeClaim für gleich zwei Fälle getestet. Lohnt sich der Service? Lest weiter und findet es heraus!

Info

Die zwei Fälle stellen nur eine Stichprobe und die persönliche Meinung des Autors dar. Wenn ihr selber Erfahrung mit WeClaim, egal ob negativ oder positiv gemacht habt, hinterlasst gerne einen Kommentar.

Was ist WeClaim?

WeClaim ist ein französisches Unternehmen, das 2015 gegründet wurde, und mittlerweile den Hauptsitz in Dublin, Irland, hat. Laut Webseite ist WeClaim eine Online-Plattform zur Streitbeilegung.

Man kann über WeClaim versuchen Ausgleichleistungen für Reisen zu erhalten. Für folgende Sachverhalte kann sich WeClaim in eurem Namen einsetzen:

  • Überbuchte, verspätete, verpasste oder annullierte Flüge
  • Zugverspätungen
  • Verspätete Fähren
  • Verlorenes, verspätetes oder beschädigtes Gepäck

Dabei arbeitet WeClaim teilautomatisiert, das heißt: Es wird eine künstliche Intelligenz dafür genutzt zu determinieren, wie hoch ein etwaiger Ausgleichsanspruch ist, wie lange die gerichtliche Phase andauern könnte usw. Die Technologie soll es ermöglichen, Zeit zu sparen und diese für andere, sinnvollere Dinge zu nutzen.

Die Gebühren belaufen sich auf 25% der ausgehandelten Kompensation und des von WeClaim erhaltenen Betrags (Währungsdifferenzen und Bankgebühren werden abgezogen).

1. Sachverhalt – Nicht angetretener Flug

Ich hatte für Dezember 2018 folgende Flüge über Scoot gebucht (für 2 Personen):

  • 12. Dezember 2018 TXL-SIN (TR 735)
  • 13. Dezember 2018 SIN-SGN (TR 304)
  • 2. Januar 2019 SIN-TXL (TR 734)

Dann entschieden wir uns, doch früher nach Asien zu reisen und ich buchte einen Oneway-Flug nach Bangkok Anfang Dezember. Bei Scoot kann man den Rückflug weiterhin antreten, wenn man den Hinflug hat verfallen lassen. Dafür muss man sich allerdings spätestens 48 Stunden nach dem Verfallen des Hinfluges im Call-Center melden, was ich getan habe.

Es ging mir also lediglich um die Erstattung der Steuern & Gebühren für 2 Personen für die Flüge TR 735 & TR 304.

Ein selbständiges Anmelden meines Anspruchs ergab zunächst keine Rückmeldung bei Scoot.

Also entschied ich mich, das Ganze über einen Service abzuwickeln. Da mein Liebling Geld-fuer-Flug.de leider eine Mandatsübernahme abgelehnt hatte (höchstwahrscheinlich, weil es hier nur um eine Teilstrecke, also den Hinflug, ging), entschied ich mich für den Konkurrenten WeClaim, auf den ich bei meinen Online-Recherchen stieß. Diesem übertrug ich das Mandat am 6. Januar 2019.

Kurze Zeit später, um genau zu sein am 10. Januar 2019, bot mir Scoot dann überraschenderweise doch eine Erstattung an (das gesamte Ticket inklusive Sitzplatzreservierungen und Gepäck kostete für 2 Personen übrigens 1.114,14 €):

scoot refund
Scoot Erstattungs-Angebot

Eine Refund Admin Fee darf nicht berechnet werden. Ich erinnere mich auch genau daran, dass das so auf der WeClaim-Webseite stand. Der Passus ist aber mittlerweile verschwunden. Allerdings wurde mir das am 26. März 2019 auch noch einmal per Email so bestätigt (ich war in Kontakt mit WeClaim bezüglich meines zweiten Falles, siehe unten):

weclaim no admin fee

Meine Erwartung war also, dass WeClaim sich stark dafür einsetzen würde, dass die Admin Fee entfernt wird. Ich fand das auch legitim bei einem Gesamt-Flugpreis von 1.114,14 €.

Nach monatelangem Warten kam dann die Ernüchterung. Am 9. Mai 2019 erhielt ich folgende Nachricht (übrigens: Tiger Airways entspricht hier Scoot, denn die offizielle Firmierung ist Scoot Tigerair Pte Ltd):

weclaim scoot first offer

Das hat WeClaim so nicht akzeptiert, was ich als richtig empfunden habe. Am 7. Juni 2019 kam ein erneutes Gegenangebot von Scoot, welches WeClaim am 8. Juli 2019 ohne meine Bestätigung einfach akzeptierte:

weclaim scoot second offer

Wie konnte es sein, dass das erste Angebot direkt von Scoot höher war als das Angebot, das WeClaim für mich monatelang ausgehandelt und einfach akzeptiert hat? Interessant fand ich auch, dass das Angebot von Scoot an WeClaim genau 11€ niedriger war als das Angebot, das ich direkt am Anfang von Scoot erhielt.

Am selben Tag (8. Juli 2019) beschwerte ich mich über das Vorgehen. Am 29. Juli 2019 schickte ich eine erneute Nachricht und am 9. August 2019 erhielt ich endlich eine Antwort:

weclaim answer taxes fees new

Diese Antwort war sehr ernüchternd, so stand sie doch im Widerspruch zu dem, was ich vorher von einem anderen Mitarbeiter bestätigt bekommen hatte (keine Admin-Fee!). Wohl oder übel akzeptierte ich die Situation so wie sie halt war.

Nach fast 3 Monaten Funkstille schickte ich WeClaim eine Zahlungserinnerung (am 30. Oktober 2019), erhielt aber keine Antwort. Am 7. Januar 2020 sendete ich erneut eine Zahlungserinnerung (also 5 Monate nach dem Akzeptieren des Angebots von Scoot!), woraufhin ich prompt den Betrag erhielt. Hatte man mich etwa vergessen?

Das alles wäre halb so wild gewesen und ich hätte es wohl einfach als „blöd gelaufen“ abgehakt, wäre da nicht der 2. Sachverhalt gewesen:

2. Sachverhalt – beschädigtes Gepäck

Den Flug mit Scoot am 2. Januar 2019 von Singapur nach Tegel (TR 734) habe ich ganz normal angetreten. Leider war mein Gepäck bei Ankunft in Berlin-Tegel stark beschädigt. Der Ausziehgriff war so stark lädiert, dass er sich nicht mehr benutzen ließ. Weiterhin war der ganze Koffer verbeult und das Plastik stark in Mitleidenschaft gezogen.

Da ein Schaden am Gepäck sofort am Flughafen aufgenommen werden muss, ließ ich mir das Ganze direkt in Berlin Tegel dokumentieren. Mit der Schadensnummer habe ich mich dann an WeClaim gewendet. Laut der Webseite sollte ich Anspruch auf circa 350€ haben. Mir hätte aber auch einfach Geld für einen neuen, gleichwertigen Koffer gereicht (Samsonite).

weclaim baggage claim

Die erste Reaktion auf meinen Claim gab es am 26. März 2019, als Charles Taylor Aviation sich per Mail an mich wandte (diese vertritt Scoot in Sachen beschädigtes Gepäck). Charles Taylor hatte WeClaim (mit mir im CC) nur darauf hingewiesen, dass sie mir am 16. Januar 2019 einen Baggage Claim Questionnaire zugesandt hatten. Folgende Antwort gab es von WeClaim (wie oben auch):

weclaim no admin fee

Da auch keine weiteren Updates mehr kamen und ich sehr verärgert darüber war, wie der erste Sachverhalt verlaufen war, kündigte ich das Mandat am 29. Juli 2019. Wie zu erwarten war, gab es keine Reaktion seitens WeClaim. Am 26. August 2019 erhielt ich dann folgendes Update zu meinem bis dahin immer noch offenen Fall:

weclaim scoot baggage refusal

Daraufhin erinnerte ich noch einmal an die Kündigung des Mandats und am 28. August 2019 erhielt ich dann endlich eine Bestätigung, dass der Fall geschlossen werden würde und meine Daten gelöscht würden.

Am 30. August 2019 erhielt ich dann auf einmal eine Nachricht auf Französisch, in der ich mit „Sebastian“ angesprochen wurde. Entweder handelte es sich hier um einen menschlichen Fehler oder die künstliche Intelligenz ist noch nicht so ganz ausgereift.

weclaim french message

Im Prinzip ging es dabei darum, dass mein Fall juristisch nicht durchführbar sei und der Fall deswegen geschlossen würde. Na endlich! Das wollte ich doch schon die ganze Zeit!

Leider endet die Story hier nicht. Es wäre ja auch zu schön gewesen. Da ich mir mittlerweile einen neuen Koffer anschaffen musste, weil der alte tatsächlich nicht mehr reparierbar war, probierte ich einfach am 7. Januar 2020 selber über die Charles Taylor Aviation, meinen Claim für den Koffer durchzusetzen.

Kurze Zeit später (ja, es gibt Firmen mit kurzen Kommunikationswegen!), erhielt ich eine Nachricht, bei der mir wirklich die Spucke weg blieb:

weclaim charles taylor aviation response

Was? Der Fall wurde schon abgeschlossen und WeClaim wurde bezahlt? Ich konnte es nicht fassen. Ich fragte die freundliche Dame bei Charles Taylor nach weiteren Informationen und diese war so nett, mir einen Scan der unterzeichneten Verzichtserklärung zuzuschicken. WeClaim und Charles Taylor Aviation einigten sich gemeinsam auf 87,88 SGD (~60,64 €). „Immerhin!“ dachte ich mir und forderte am 4. Februar 2020 die Summe von WeClaim:

weclaim letter deadline

Tatsächlich erhielt ich dieses Mal sogar relativ schnell am 6. Februar 2020 eine Antwort:

weclaim deadline response

Nach dieser Antwort habe ich dann letztendlich aufgegeben und das Ganze im Raum stehen lassen. Den genannten Betrag i.H.v. 18,39€ habe ich nie erhalten und ohne Anmahnung werde ich diesen höchstwahrscheinlich auch niemals erhalten. Es ergibt auch keinen Sinn, dass die erstatteten Steuern & Gebühren so niedrig gewesen sein sollen, ausgehend von dem Angebot, das mir Scoot direkt am Anfang selber geschickt hat.

Die Mail bestätigt übrigens auch meinen Verdacht bezüglich der Auszahlung beim 1. Fall: Man hatte sich tatsächlich sehr lange Zeit gelassen oder mich gar vergessen, denn letztendlich hat WeClaim den Betrag i.H.v. 87,88 SGD bereits im Mai 2019 erhalten. Zu einer Auszahlung kam es aber erst nach zwei Mahnungen im Januar 2020.

Bewertung & Fazit

Das Konzept und die Idee hinter WeClaim ist großartig. Für Flüge funktioniert das auf dem deutschen Markt ja teilweise schon sehr gut, siehe Geld-fuer-Flug.de. Auch die Idee, dass eine KI Aufgaben übernehmen kann, sodass mehr Zeit für wichtigere Sachen wie Kundenservice oder Überprüfung der Unterlagen bleibt, ist an sich sehr schön und lobenswert.

Weiterhin ist die Online-Plattform von WeClaim an sich recht gut entwickelt. Man unterzeichnet Mandatsverträge völlig digital, es gibt eine Inbox, in der man Dokumente ablegen kann, die man erhalten hat, und es gibt ein eigenes Messaging-Portal. Eigentlich beste Voraussetzungen für ein gutes Produkt!

weclainm online platform

Wie WeClaim das Ganze allerdings umsetzt, ist meiner Meinung nach mangelhaft. Nicht nur war die Kommunikation sehr schlecht, auch scheint das Abarbeiten der Fälle chaotisch zu sein, vor allem im Hinblick darauf, dass meine beide Fälle in Bezug auf Kompensationseinigungen und -zahlungen vermischt oder sogar vertauscht wurden.

WeClaim
  • Schnelligkeit
  • Kommunikation
  • Ausgereiftheit
  • Online-Plattform
1.88
Fazit

Hier stimmt leider so einiges nicht und ich würde niemandem empfehlen, diesen Service in Anspruch zu nehmen.

Titelbild: Bild von klimkin auf Pixabay

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Kommentare (2)

  1. Roland sagt:

    Hallo, hat jemand Erfahrung mit Ersatz bei einer Beschädigung des Koffers mit Lufthansa/Swiss ?
    Mein Koffer wurde auf dem Hinflug beschädigt so beschädigt, dass ich damit nicht mehr weiterfliegen konnte. Zum Glück konnte ich mir einen Koffer am Zielort von meiner Tochter leihen, die dort wohnt.
    Nach einigen Wochen hat Swiss nun einen Anbieter Dolfi1920 mit der Entschädigung beauftragt, der nicht erst nach der ursprünglichen Rechnung oder Alter des Koffers nachgefragt hat, sondern mir einen Gutschein in deren Onlineshop anbietet. Das entspricht nicht wirklich dem Restwert, aber erschwerend kommt noch dass der Anbieter nicht nach Schweden liefert. Wenn ich mich nun noch selber um die Lieferung kümmern muss, komme ich ohne die „Entschädigung“ sogar günstiger.
    Auf Nachfrage sagt Swiss nun, dass sie grundsätzlich nur am Domizilland des Passagiers und nicht dem Schadensort Ersatz leisten und damit den Fall abschliessen.

    Sehr enttäuschend, wie Swiss ihre treuesten Kunden behandeln.

  2. Steffen sagt:

    Hallo Dennis,
    das sind ja wirklich ernüchternde Ergebnisse.
    Da bin ich ja sehr froh, daß ich meine Flüge mit KLM im Februar 2020 mit Geld für Flug gecancelt habe. Die Flüge, mit Delta, haben pünktlich stattgefunden, nur konnten wir aus persönlichen Gründen nicht mitfliegen. Steuern und Gebühren wurden, abzüglich Provision, sehr schnell ausbezahlt. Auch die Kommunikation bei einer Anfrage meinerseits, ich sollte für den stornierten Flug online einchecken, war super schnell.
    Natürlich bekommt man nur einen Bruchteil des Tickets zurück, das sollte jedem klar sein. Aber von der Abwicklung bei Geld für Flug war ich positiv überrascht wie schnell alles ablief.

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