Fluggastrechte: Technisches Probleme meistens keine höhere Gewalt

Der Europäische Gerichtshof hat wieder einmal in einem Urteil konkretisiert, welche technischen Probleme außergewöhnliche Umstände darstellen und welche nicht.

Dabei ging es um einen KLM-Flug von Quito, Ecuador nach Amsterdam, der mit einer Verspätung von 29 Stunden in Amsterdam landete. Nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments, stehen den Passagieren 600€ Entschädigung bei einer Verspätung von über 3 Stunden und einer Entfernung von über 3.500 km zu. Mehr dazu in diesem Ratgeber:

Ratgeber: Entschädigung bei Flugverspätung & Annullierung

Grund für die Verspätung waren zwei Ersatzteile, die erst aus Amsterdam eingeflogen werden mussten. Beide Teile hatten laut KLM nicht ihre durchschnittliche Lebensdauer überschritten. Deswegen hatte sich KLM auf außergewöhnliche Umstände (auch höhere Gewalt genannt) berufen.

In seinem Urteil vom 8. September 2015, hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass technische Probleme tatsächlich zu den außergewöhnlichen Umständen gehören, allerdings nur in Ausnahmefällen:

  • Versteckter Fabrikationsfehler der die Flugsicherheit beeinträchtigt
  • Sabotageakte oder terroristische Handlungen

Ein technischer Defekt zählt nicht zu den außergewöhnlichen Umständen, wenn ein Defekt bei

  • der Wartung eines Flugzeuges entdeckt wird
  • als Folge von unterbliebener Wartung auftritt
  • durch das vorzeitigen Auftreten von Mängeln an bestimmten Teilen hervorgerufen wird

Bei dem letzten Punkt verweist das Gericht vor allem auf das sehr komplexe System zum Betrieb eines Flugzeuges hin und das kein Teil eines Flugzeuges, unter den extremen Bedingungen des Flugbetriebs, eine umbegrenzte Lebensdauer hat.

Fazit

Eigentlich wickelt KLM Ansprüche gut ab. Meistens wird ohne große Diskussion bezahlt, wie die Erfahrungen mit KLM zeigen. Bei diesem Fall hat sich KLM wohl wirklich im Recht gesehen.

Leider fehlt in der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 die klare Definition von außergewöhnlichen Umständen. Dieses Urteil und viele Urteile in der Vergangenheit, versuchen diese Schlupfloch zu schließen. Trotzdem hindert es immer noch viele Passagiere daran, eine ihnen zustehende Entschädigung ohne großen Kampf vor Gerichten zu erhalten.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 105/15 des Gerichtshof der Europäischen Union

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Kommentar (1)

  1. Björn sagt:

    Hallo Johannes,
    müßte es nicht heißen „…Verspätung von über 4 [nicht 3] Stunden…“?

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