LG Köln: Aufpreis bei Umbuchung nach Annullierung nicht rechtens

Fluganzeigetafel

Die EU-Fluggastrechte sind bei den Alternativen, zwischen denen sich ein Passagier bei einer Annullierung entscheiden darf, recht eindeutig. So ist auf Wunsch auch eine Beförderung auf Wunsch zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Einzige Bedingung: es müssen Plätze in der gebuchten Reiseklasse an dem Wunschtermin verfügbar sein.

In der aktuellen Coronakrise verlangen viele Fluggesellschaften, unter anderem die Lufthansa, aber zusätzlich die Differenz zum neuen Flugpreis. Bei einem First Class-Flug verlangte Lufthansa satte 3.000€ Aufpreis. In einem Eilverfahren hat das Landesgericht Köln der Lufthansa jetzt diese Praxis untersagt. Sobald die einstweilige Verfügung der Lufthansa zugestellt worden ist, ist die Entscheidung bindend. Gegen das Urteil kann Lufthansa allerdings noch Widerspruch einlegen.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW. Wegen der Dringlichkeit hat das LG Köln ohne mündliche Verhandlung angeordnet, dass Lufthansa eine Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt nicht nur gegen Zahlung eines Aufpreises ermöglichen darf. Bei Zuwiderhandlung drohen bis zu 250.000€ Ordnungsgeld.

Für betroffene Passagiere, die ihre Reise zu einem späteren Zeitpunkt durchführen wollen, stellt das Urteil aber eine gute Grundlage dar, um sich gegen einen Aufpreis zu wehren. Allerdings können davon nur Passagiere Gebrauch machen, deren Flug annulliert worden ist (i.d.R. zählt auch eine Änderung der Flugzeiten bereits als Annullierung). Neben einer Umbuchung steht dem Passagier alternativ auch eine Erstattung des Flugpreises zu.

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) – der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

– einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

[…]

Verordnung (EG) 261/2004 Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

Quelle: rechteindeutig.de via YHBU

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Kommentare (5)

  1. Verena sagt:

    Hallo zusammen,

    hier scheint es Bewegung zu geben:
    „Update vom 2. Oktober 2020: Auf den Widerspruch der Lufthansa hin hat das Landgericht Köln die einstweilige Verfügung bestätigt. Lufthansa hatte die Ansicht vertreten, die “vergleichbaren Beförderungsbedingungen” verlangten eine gewisse zeitliche Nähe zwischen annulliertem Flug und neuem Wunschflug, dies würde schon der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten. Die Lufthansa verwies unter anderem auf den “Spar-Tip” der Bild-Zeitung, die Passagieren riet, billige Tickets zu erwerben und nach Annullierung dann auf beliebte (und damit teure) Hochsaison-Termine umzubuchen. Der Trick klappt nur unter einer Voraussetzung: Es bedarf es eines zuverlässig unzuverlässigen Lufttfahrtunternehmens. Der klare Wortlaut der Verordnung und auch die Systematik führen das LG Köln aber zu seiner Entscheidung, dass es eben gerade keine zeitliche Verbindung zwischen Ausgangs- und Neuflug geben muss, der Passagier vielmehr – im Rahmen der Verfügbarkeit – frei wählen kann. Auslöser des Rechtsstreits war ein Fall einer Umbuchung von fast einem Jahr. Pressemitteilung der Verbraucherzentrale NRW“

    Quelle: https://www.rechteindeutig.de/lufthansa-darf-keine-zuzahlung-verlangen/

  2. Julian B. sagt:

    Zwischenzeitlich hat die LH Widerspruch gegen das Urteil eingelegt und nimmt wieder fleissig Gebühren für Umbuchungen. Bei einer geplanten Reise im Juli sind inzwischen ALLE Segemente mindestes einmal annuliert wurden und jedes Mal wurde der Preis angehoben.
    Ich hoffe, dass das LG hier schnell ein endgültiges Urteil fällt. Es ist halt unglaublich frech den Kunden mit günstigen Preisen zu ködern und dann den Flug zu annulieren und eine teurere Alternativverbindung zu verkaufen. Ist halt auch ein Geschäftsmodell.

  3. Peter sagt:

    Vorstände, die sich im Rahmen einer Krise selbst mit „billigen“ Aktien ihres eigenen Unternehmens eindecken, sollte sowieso auf die Finger geschaut werden. Das Ganze hat ein Gschmäckle.

  4. Michael sagt:

    Tja, da sieht man, dass Gesetze ohne hohe Strafen nichts bringen.
    In den USA schreibt das Department of Transportation (DOT) Refunds bei Annullieren vor.
    Wer dagegen verstößt, kann mit einer hohe Strafe rechnen. Wenn man sich frühere Urteile des DOT anschaut, geht das bis in die Millionenhöhe zum Teil wegen kleiner Missetaten.
    Schaut es euch an:
    https://www.vielfliegertreff.de/reiselust-reisefrust/12970-eu-fluggastrechte-annullierung-392.html#post3188439

    Antwort auf EU261 vs DOT consumer complaint.
    Bei Verletzung von EU261 droht der Airline keine Strafe, bei DOT Verletzung Millionen-Strafe bis hin zu Landerechte Entzug.
    Ohne Strafandrohung lautet die Antwort: „nö, wir machen nichts, verklagt uns doch.“, mit hoher Strafandrohung:“natürlich bekommen Sie ihr Geld sofort zurück.“

    Ähnlich ging es bei mir mit UA.
    Aufforderung zum Refund nach EU261: Nö, wir machen absolut nichts.
    Nach DOT consumer complaint: Natürlich bekommen Sie ihr Geld zurück. Refund ist aber immer noch nicht da.

    LH Group ist am besten, denen ist selbst das DOT egal, die antworten einfach gar nicht drauf. Ich werde auf TATL Flügen auf *A Group in der Zukunft verzichten und auch kein AF/KL und fliege nur noch OneWorld, AA und BA haben mir meine annulierten Tickets sofort erstattet. AA sogar direkt obwohl Buchung via OTA.

  5. Max sagt:

    Wir brauchen endlich ein Gesetz, dass Vorstaende von grossen AGs fuer ihre Fehlleistungen in Haftung nimmt.

    Die Rechtslage bezueglich EU261/04 ist so etwas von glasklar und die Auslegung ist schon mehrfach ueber Prozesse glasklar gemacht worden, dass man der Rechtsabteilung von Lufthansa in diesem Fall den taktischen Missbrauch des Rechtssystems zur Sicherstellung der Liquiditaet vorwerfen muss.
    Der Chef-Justiziar von LH muesste dafuer zwangsweise seinen Job verlieren und eine 5-jaehrige Berufssperre fuer aehnliche Stellen erhalten.

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