Ohne Recline: ANA präsentiert neue Business Class für die Boeing 787

ANA The Room FX 787 Kabine

Vor sechs Jahren hat die japanische All Nippon Airlines (ANA) erstmals die neue The Room Business Class präsentiert. Dort ist der Name Programm: Die Sitze sind geräumiger als fast alles, was die Konkurrenz zu bieten hat. Dazu gibt es Türen für Privatsphäre, 4K-Unterhaltungsbildschirme und so weiter.

Dieser Sitz ist in immer mehr Boeing 777 zu finden und so regelmäßig nach London im Einsatz. Nichts Neues gab es derweil von den zahlreichen Boeing 787 in ANAs Flotte, mit denen u.a. München und Frankfurt angeflogen werden. Dort ist die Business Class seit 2012 unverändert und so nicht mehr ganz auf aktuellem Stand.

Jetzt tut sich auch dort etwas. Ab 2026 wird ANA die Flugzeuge mit neuen Sitzen ausstatten, und heute wurde die neue Business Class vorgestellt. Das neue Konzept hört auf den Namen The Room FX, hat aber mit The Room in der der Triple Seven nicht allzu viel gemein. Stattdessen gibt es einen neuen Sitz ohne Neigefunktion, der eher an Finnair erinnert. Trotz Annehmlichkeiten wie großem Bildschirm und Schiebetür dürfte er so nicht alle Passagiere glücklich machen.

Das bietet der neue Business-Class-Sitz

Insgesamt werden die Boeing 787-9 in der neuen Konfiguration über 206 Sitzplätze verfügen, darunter 48 Plätze in der Business Class, 21 in der Premium Economy und 137 in der Economy. Verglichen mit der bisherigen Konfiguration schrumpft die Economy um 9 Plätze, die Kapazität der übrigen Kabinen bleibt unverändert.

© ANA

Am spannendsten ist ein Blick in die Business Class. Dort gibt es einen bislang unbekannten Sitz, der von ANA zusammen mit Safran (Sitzhersteller) und Acumen DA (Designbüro) entwickelt wurde. Er erinnert an eine Mischung aus ANAs bisherigen The Room Sitz mit der AirLounge von Collins / Finnair. Im Gegensatz zu Finnair ist aber die Hälfte der Sitze entgegen der Flugrichtung angeordnet.

Sofa statt Recline

Größte Gemeinsamkeit mit den Finnen: Der Sitz lässt sich nicht zurücklehnen. Die Rückenlehne ist fest montiert und als eine Art Sofa zu verstehen. Dieses Sofa ist mit 105 cm deutlich breiter als viele Sitze der Konkurrenz. Im Gegensatz zu Finnair ist es nicht L-förmig entworfen, sondern leicht geschwungen. Das soll wohl die fehlende Möglichkeit ausgleichen, sich an die Wand zu lehnen:

Sitzplan ANA 787 The Room FX Sitze von vorn
© ANA / Acumen DA

Wer schlafen möchte, fährt die Beinstütze hoch und erhält dann eine 194 cm lange Liegefläche. Das sind 5 Zentimeter mehr als bisher, aber 4 weniger als bei Finnair. Der Sitz verjüngt sich zu den Beinen hin merklich. Auf Kniehöhe allerdings gibt es genug Platz, sodass der Sitz auch für Seitenschläfer recht bequem sein dürfte. Laut Renderbildern gibt es bei einigen Sitzen ein durchgehendes Bett, bei anderen eine kleine Lücke. Das Platzangebot ist also leicht unterschiedlich, wie der Vergleich zwischen 10K und 9H zeigt:

Man kann also Sitzen oder Schlafen. Bauartbedingt nicht möglich ist ein Lounge-Modus, um leicht zurückgelehnt Filme zu schauen und zu entspannen. Wie bequem das wirklich ist, muss sich in der Praxis zeigen.

Weitere Merkmale

Für Privatsphäre ist jedenfalls gesorgt, denn an jedem Sitz gibt es eine Tür, die sich zuziehen lässt. Die Trennwand zwischen den Mittelsitzen kann auf Wunsch geöffnet werden. Wer zu zweit reist, kann also deutlich besser miteinander reden als bei den mittlerweile üblichen Reverse Herringbone Sitzen.

ANA The Room FX 787 Kabine 2

Stauraum gibt es primär unter der Fußablage und am Seitentisch. Alle anderen Gegenstände müssen oben in den Gepäckfächern verstaut werden, jedenfalls bei Start und Landung. Das Smartphone kann auf dem Seitentisch kabellos geladen werden, weitere Möglichkeiten gibt es über USB-C, USB-A und die internationale Steckdose. Wer die Steckdose nutzen will, muss aber wohl (je nach Ladegerät) das Staufach geöffnet lassen. Keine ganz optimale Lösung.

Zur Unterhaltung gibt es einen 24″ großen Touchscreen-Monitor. Laut Datenblatt verfügt der nur über HD-Auflösung (statt 4K im The Room). Die Distanz zwischen Kopf und Monitor ist aber so groß, dass das vermutlich nicht allzu sehr auffällt. Zum ersten Mal bei ANA gibt es die Möglichkeit, Bluetooth-Kopfhörer mit dem Unterhaltungssystem zu koppeln.

Folgendes Video veranschaulicht die Funktionsweise und Annehmlichkeiten des neuen Sitzes:

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Seth Miller von Paxex.aero konnte den Sitz in Paris schon probesitzen, einen Bericht findet ihr hier.

Economy & Premium Economy mit großzügigem Sitzabstand

Schon vor zwei Monaten hat ANA die neuen Sitze für die Economy und Premium Economy Class vorgestellt. Beide Klassen bieten USB-A, USB-C und Steckdosen als Lademöglichkeit.

In der Economy Class gibt es demnach großzügige 84 bis 86 cm Sitzabstand. Der Sitz lässt sich demnach 50% weiter zurücklehnen als bisher in der Economy (und zugleich 100% mehr als in der Business Class). ANA verspricht den größten Sitzabstand in einer Economy Class weltweit. Auf die Sitzbreite geht man wohl bewusst nicht ein. Denn die Konkurrentin JAL bietet weiter eine 2-4-2-Konfiguration im Dreamliner, ANA schwört auf die branchenübliche 3-3-3-Anordnung.

In der Premium Economy Class gibt es 101 cm Sitzabstand und neue Sitze des Typs Recaro R4. Diese bieten Flügel für zusätzliche Privatsphäre und ausklappbare Beinstützen. Die Anordnung bleibt dort 2-3-2.

ANA Boeing 787 Economy Prem Eco
© ANA / Recaro

Einsatz ab 2026 geplant

Die neuen Sitze sollen erstmals ab 2026 zum Einsatz kommen. Ab dann werden drei neue Boeing 787-9 direkt mit der neuen Kabine ausgeliefert. Ab 2027 sollen laut paxex.aero bestehende Dreamliner umgerüstet werden. Allerdings erhält ausschließlich die Boeing 787-9 die neuen Sitze, nicht die kleineren Boeing 787-8. Unklar ist auch, wie es mit der noch längeren Boeing 787-10 weitergeht.

Fazit

ANA unternimmt einen Versuch, die vielfach gelobte The Room Business Class aus der Boeing 777 auch im schmaleren Dreamliner zu verbauen. Während das Produkt auf den ersten Blick sehr ähnlich aussieht, zeigen sich doch einige Unterschiede. Der wichtigste: Die Rückenlehne lässt sich nicht mehr zurücklehnen.

Bei Finnair hat sich gezeigt, dass dieses Konzept nicht nur Vorteile bringt. Persönlich habe ich Finnairs Sitz auf Nachtflügen zu schätzen gelernt. Tagsüber versuche ich allerdings, ihn zu vermeiden, da die Sitzposition sehr unbequem ist (Review). Ob ANA und Safran diesen Nachteil ausmerzen können, muss sich in der Praxis zeigen.

Quellen: Acumen DA und Pressemitteilung von ANA (1) (2)

Titelbild: © ANA / Acumen DA

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Kommentare (15)

  1. Mark sagt:

    Ich persönlich finde diese festen Rückenlehnen Murks.
    Ich liege gern so halb im Bett und schaue Film, damit funktioniert es leider nicht.
    Auch möchte ich nicht meinen Kopf da haben, wo viele vor mir schon Ihren Hintern haben. Egal ab Auflage oder nicht, finde ich einfach nicht angenehm.

  2. Sebastian Müller sagt:

    Ob man bzw. uns sich damit einen Gefallen tut weiß ich nicht. Die Liegeposition bei Finnair ist Klasse, aber wie schon beschrieben wenn man arbeiten, essen oder Filme schauen will total unbequem.

  3. steffen sagt:

    787 nee lass gut sein.

  4. Markus sagt:

    Doof nur, wenn die 787 dann abstürzt.

    • U sagt:

      vollumfängliche Zustimmung! Wer auf eine 787 oder eine 777 setzt, den kann im Grunde genommen kein Mensch mehr helfen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der nächste abschmiert.

      • Charlie sagt:

        Dann solltest Du auf keinen Fall mit dem Auto /Taxi zu oder vom airport fahren.Die Chance dabei tödlich zu verunglücken ist höher !

        • U sagt:

          der Vergleich hinkt komplett. Erstens bewege ich mich mit einem Auto am Boden und zweitens weiss ich, dass mein Auto im Gegensatz zu den Boeing Fliegern nicht mit Teilen vom Schrottplatz bestückt ist. Es ist manchmal empfehlenswert sich außerhalb der Mainstream-Blase zu informieren. Das hilft ungemein.

  5. Jazufra sagt:

    Alles ist besser als Allegris.

  6. utz sagt:

    Viel Interessanter als ein weiteres überteuertes Business Produkt finde ich den größeren Economy Abstand, den es bei sonst kaum einer Airline außer JAL gibt.

  7. Jan Klausner sagt:

    Ein wirklich sehr interessantes Hard-Produkt der ANA. Diese BC ist der Allegris bereits wieder 6-8 Jahre voraus.
    Warum klappt es bei anderen Airlines besser während die LH ein volles Desaster mit Alegris hinlegt ? Stichwort: 747-8 mixed classes, keine FC und ein aberwitziges Pricing für Statuskunden – bin selbst SEN und kann über die strategischen Fehler des Managements nur verzweifeln. Wann greift Herr Kühne mal durch und entsagt Spohr das Vertrauen bevor die Aktie sich in Richtung 3€ bewegt?

  8. Sven sagt:

    Nicht lachen, aber wieviel Mal pupst ihr so in das Polster auf einem Flug? Ich finde es wirklich unglaublich anregend, meinen Kopf dort zu betten, wo andere vorher ihren Allerwertesten hatten. Und ihr so?

    Der Hintergrund dieser Maßnahmen ist klar. Man spart sich teure Sitze.

    • Hank sagt:

      Ich sehe den Punkte. Bei Finnair gibt es eine Auflage, und mit dem Sitz komme ich hervoragend zurecht und habe kein Problem mit der Position des Kopfes. ANA werde ich auf jeden Fall ausprobieren.

    • sokratino sagt:

      @Sven: Kann dir nur zustimmen und habe mir spontan genau das Gleiche gedacht… absolut eklig, wenn man sich vorstellt, wie viele Zeitgenossen es mit der Intimhygiene (nach dem großem Geschäft) nicht so genau nehmen bzw. wie viele Hinterteile sich in kurzer Zeit dort tummeln… und das bei einer Airline aus Japan und somit einem Land, in dem man ansonsten peinlich genau auf Hygiene achtet… aus meiner Sicht ein absoluter Konstruktionsfehler bzw. Killerfaktor bzw. ein no-go… und die Finnair-Variante (Auflagekissen, das durch viele Hände geht bzw. andere unedle Körperteile berührt, vermutlich ohne regelmäßig gewaschen zu werden) ist doch auch nur halbherzig… ja, ich weiß, man stirbt nicht daran, aber ich finde es einfach eklig, da schlafe ich lieber im Stehen (oder gar nicht).

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